Betreten Sie eine Welt aus komplexen Machtstrukturen, sich wandelnden Allianzen und historischen Erzählungen, die den Lauf von Nationen geprägt haben. “Geopolitische Umwälzungsprozesse in Osteuropa” lädt Sie ein, eine Reise durch die stürmische Landschaft Osteuropas anzutreten und versucht, die Situation mit gesundem Menschenverstand und einem ausgewogenen Verständnis von Recht und Gerechtigkeit zu entschlüsseln.
Ab Seite: 25-26 “Was ist Geopolitik?”:
Es gibt Großmächte, die beanspruchen für sich exklusive Interessensphären, in denen sie keine Einmischung anderer Staaten dulden. Bei Nichtbeachtung kann dieses im äußersten Fall sogar Krieg bedeuten. Ein sehr gutes Beispiel hierfür sind die Vereinigten Staaten von Amerika. James Monroe, US-Präsident von 1817 bis 1825, verfasste eigens dazu eine Doktrin, die den Doppelkontinent Nord- und Südamerika als ausschließlich US-amerikanische Interessensphäre definierte. Die Monroe Doktrin hat bis heute nach wie vor Gültigkeit und wird von den USA auch stringent verfolgt. Im Verlauf dieses Buches werden wir noch häufiger auf diese Doktrin zu sprechen kommen.
Der Raum im geopolitischen Denken lässt sich in zwei Teilbereiche untergliedern. Dies ist zum einen der geometrische und zum anderen der geographische Bereich. Im geometrischen Bereich geht es vornehmlich um die Gestalt, Struktur, Lage des Raumes und um Raumteile. Um es etwas bildlicher darzustellen, die Betrachtung von Staaten und Staatsteilen. Der geographische Teilbereich ist in unserer Betrachtung wesentlich wichtiger. Hier kommen die natürlichen und kulturellen Merkmale des Raumes zum Tragen. Flüsse, Seen, Gebirge und Vegetation, sowie Menschen, Rohstoffvorkommen, Wirtschaft, Infrastruktur und Herrschaftsordnung. An die geopolitische Dimension des Raumes gliedert sich, aus einer physikalischen Zwangsläufigkeit heraus, die Dimension Zeit an. Zeit ist ein Faktor, welcher in den vergangenen Jahrzehnten, mit steigender Technologisierung, stetig an Bedeutung in der Geopolitik gewonnen hat. So ist es wenig verwunderlich, dass die Geschwindigkeit, mit der heute eine Vielzahl von Informationen ausgetauscht und verbreitet werden, ein wichtiger Faktor geostrategischer Überlegungen darstellt. Die moderne Geopolitik muss allerdings weitere wesentliche Faktoren berücksichtigen, um tatsächlich effizient wirken zu können. Hierunter fallen unter anderem global agierende Institutionen und „Thinktanks“, Umwelteinflüsse, klimabedingte Veränderungen, ökonomische Fragestellungen, die sich aus der globalisierten Welt ergeben sowie global agierende Personen mit erheblichem Einfluss. In Deutschland wurde der Begriff der Geopolitik aus historischen Gründen über Jahrzehnte hinweg gemieden. Man war der Auffassung, dass die Instrumentalisierung durch die Nationalsozialisten den Begriff und die dahinterstehenden potentiell expansionistischen Überlegungen, diskreditiert haben. Dass man dies getrost als Unsinn bezeichnen kann, scheint in Deutschland durch das stark verbreiteten Gutmenschentum, dem damit einhergehenden Hang zur Verleugnung der eigenen Errungenschaften, Interessen und Werte, kaum jemand mehr so richtig zu begreifen. Geopolitik wurde von allen Großmächten wie Großbritannien, der UdSSR, China und den USA betrieben. Niemand von ihnen kam allerdings auf die Idee, we- 26 – gen der Verbrechen Stalins, Churchills, Maos oder Roosevelts einen ganzen Wissenschaftszweig, welcher ein Verständnis für weitreichende außenpolitische Handlungen anderer Staaten liefern kann, zu diskreditieren. Der Begriff Geopolitik und die Wissenschaft dahinter bleibt einfach nur ein Bereich der Politikwissenschaften und außenpolitischen Theorie und ist keine Religion oder Weltanschauung. Die Nationalsozialisten waren zwar in Deutschland die Ersten, die versuchten ihre Politik durch geostrategische Überlegungen gestützt zielgerichtet umzusetzen, doch haben sie diese weder erfunden noch in wesentlichen Zügen weiterentwickelt.
Ab Seite: 47-48 “Angriff auf Deutschland”:
Ein bis zu diesem Tag unvorstellbarer Terrorakt gegen die Bundesrepublik ereignete sich am 27. September 2022. An diesem Tag wurden beide Nord-Stream-Pipelines durch Unbekannte gesprengt. Es stellte sich aufgrund des Schadensbildes schnell heraus, dass nur ein aufwändiger Angriff, mit militärischer Spezialausrüstung und sorgfältiger Planung, drei der vier Nord-Stream-Röhren, in dieser Weise, auf etwa 80 Metern Wassertiefe zerstört haben kann. Es war nun wichtig, der Welt schnellstmöglich einen Schuldigen zu präsentieren. Und die Norweger waren überraschenderweise, sonst doch eher selten in großen Weltgeschehnissen vertreten, diesmal sehr schnell damit, diesen ausfindig zu machen: Es war, wie hätte es auch anders sein können, der Russe selbst. Zumindest ist das die Meinung des norwegischen Militärwissenschaftlers und Marineoffiziers, Ivar Strömmen. Laut seiner Darstellung habe nur Russland die Mittel und einen „plausiblen“ Grund gehabt, die Pipelines zu sprengen, welche zu erheblichem Teil durch russische Mittel finanziert und verlegt wurden. Seine Erklärung hierzu: Russland will sich auf diese Weise eine ausreichende Legitimation verschaffen, dass es derzeit kein Gas nach Europa liefert. Über eine solchermaßen konstruierte und schwer nachvollziehbare Erklärung kann man nur mit dem Kopf schütteln. Man kann sicher davon auszugehen, dass kein ernstzunehmender Fachmann freiwillig eine solch löchrige Argumentation ins Feld führen würde, ohne eine bestimmte Motivation zu haben. Was hat Ivar Strömmen dazu getrieben? Man kann darüber nur spekulieren. Betrachten wir das Ganze kurzerhand durch die kriminalistische Brille. Um ein Verbrechen, welcher Art auch immer zu begehen, benötigt man ein Motiv, die erforderlichen Mittel und eine Gelegenheit. Wer käme für dieses Verbrechen denn noch infrage? Unter diesen Gesichtspunkten drängt sich mindestens ein weiterer Verdächtiger auf: die USA. Sie hätten auf jeden Fall das Motiv für eine solche Tat. Seit Jahren versuchen die Amerikaner vergeblich, ihr eigenes Fracking-Gas zu einem hohen Preis zu verkaufen. Es gibt Dokumente, die belegen, dass die amerikanische Regierung bereit war, die notwendigen Maßnahmen in Europa zu ergreifen, um ihre Energieressourcen zu verkaufen.
Ab Seite: 95-96 “Die aktuelle Situation in Osteuropa”:
Die EU-Osterweiterung war Mitte der 1990er Jahre für die neu entstandene Russische – 96 – Föderation unter Boris Jelzin kein wesentliches Problem, zumindest nicht bis zum aktuellen Stand. Hinzu kam, dass Jelzin ein treuer Vasall der US-Führung war und sich durch zunehmenden Alkoholgenuss schrittweise seiner Zurechnungsfähigkeit beraubte. Die NATO-Osterweiterung und der Ausbau des US-Raketenabwehrschildes waren dabei von ganz anderer Qualität. Es war offensichtlich, dass es der USA/NATO um die Schaffung und Erweiterung von militärstrategischen Interessensphären ging. Die Russen beobachteten die Entwicklung überaus passiv, ohne selbst für eine Verbesserung der Verhältnisse mit seinen unmittelbaren Nachbarn zu sorgen. In den letzten 10 Jahren konnte man darüber hinaus eine deutliche Veränderung in der russischen Rhetorik beobachten. In Bezug auf ihre Geschichte und die der Sowjetunion verklärte sich der Blick der Russen zusehends. Diese Entwicklung war überaus befremdlich und ein schlechtes Zeichen auch für diejenigen, die Russland nicht kategorisch ablehnend gegenüber standen. Kommentare und Formulierungen wie „So schlecht war die Sowjetunion doch gar nicht“ und „Den Menschen ging es doch gut“, „niemand wurde unterdrückt“ konnte sich der Autor selbst von einer russischen Dame auf einem Empfang der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft, anhören. Der Verweis auf die Unterdrückung anderer Kulturen bis hin zur Sprache oder die Verschleppungen in Gulags wurde von ihr tatsächlich als dumm abgetan. Dies ist Gott sei Dank nicht die Auffassung aller Russen, aber es ist eine beunruhigende Tendenz zu vernehmen, die ein zukünftig friedliches Zusammenleben mit den europäischen Nachbarn stark beeinträchtigen könnte, sollte hier nicht wieder ein rationaler Blick auf die Geschichte Einzug halten. Es ist im Übrigen ein gutes Beispiel für das zentrale Problem Russlands. Eine sich einschleichende Trotzigkeit über die Ablehnung, das Misstrauen gegenüber Russland und das fehlende selbstkritische Verständnis darüber, dass weitreichende außenpolitische Schwierigkeiten vielleicht auch im eigenen Verhalten begründet sein könnten.
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